66-67 Fragen und Antworten zum Thema Gebärden
Fragen und Antworten zum Thema Gebärden
Will mein Kind auch wirklich sprechen lernen, wenn ich Gebärden benutze?
Der natürliche Drang zu sprechen ist stark ausgeprägt, und wenn ein Kind die Wahl hat, wird es immer vorziehen zu sprechen. Gebärden helfen Ihrem Kind, so lange es noch nicht sprechen kann, und darüber hinaus den Kindern, die Sprachschwierigkeiten haben. Gebärden hemmen die Sprachentwicklung also niemals, sondern fördern sie im Gegenteil.
Ich gebärde und gebärde, aber mein Kind antwortet nicht, sondern guckt nur zu. Wann soll ich aufgeben?
Machen Sie weiter! Sie hören ja auch nicht auf zu reden, weil Ihr Baby nicht antwortet. Gehen Sie davon aus, dass Ihr Kind viel früher mit Gebärden antworten wird, als es das mit gesprochenen Wörtern tun würde. Damit Ihr Kind gesprochene Sprache wirklich VERSTEHT, müssen Sie Gebärden und Lautsprache unbedingt gleichzeitig einsetzen. Dass die Kinder selbst anfangs noch nicht gebärden, ist weniger wichtig. Ihrem Kind fällt es jedenfalls leichter, Wörter aufzunehmen, und die Sprache wird anschaulicher, wenn Sie gebärden.
Aber irgendwann kann ein Kind wohl auch so anfangen zu sprechen? Ich meine, es gibt doch viele Kinder mit Sprachverzögerung, die sprechen lernen, ohne dass man Gebärden benutzt…
Ja, das stimmt. Aber wenn man weiß, dass das Kind diese Probleme hat, ist es nie falsch, Gebärden einzusetzen. Auch der Sprachentwicklung von Kindern, die ohne Unterstützung sprechen lernen, hilft man so sicherlich auf die Sprünge. Vermutlich wird das Kind Sprache und Sprechen früher in den Griff bekommen.
Mein Kind ist schon größer, ist es jetzt zu spät für Gebärden?
Nein, es ist NIE zu spät! Aus Erfahrung wissen wir, dass der Spracherwerb für manche Kinder schon von Geburt an eine besondere Herausforderung darstellt. Bei anderen Kindern entwickelt sich vielleicht erst mit der Zeit eine Sprachstörung, aber auch diese Kinder profitieren davon, wenn sie selbst gebärden und ihn in einem gebärdenden Umfeld aufwachsen.
Was macht man, wenn die Hände anderweitig beschäftigt sind?
Versuchen Sie zu gebärden, so gut Sie können. Benutzen Sie eine Hand – das ist besser als gar keine.
Müssen wirklich alle Gebärden lernen, wenn ein Kind Gebärden braucht? Es reicht doch wohl, wenn überhaupt jemand Gebärden versteht?
Wenn ein Kind, z. B. im Kindergarten, nur mit einem Erwachsenen Gebärden austauschen kann, begrenzt das natürlich seine Möglichkeiten, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Wie viel Kommunikation ist eigentlich möglich für dieses Kind, in einer Gruppe, die nicht gebärdet? Wenn nur eine Person das Kind versteht, läuft seine Kommunikation mit allen anderen über diese Person. Kommunikation und Interaktion sind wichtig für die Entwicklung, und deshalb sollten alle Bezugspersonen Ihres Kindes sich an seine Voraussetzungen anpassen.
169.
Viele, die mit unserem Kind zu tun haben, wollen und können nicht gebärden – sie finden das schwierig und unnatürlich.
Das ist natürlich nicht ganz einfach. Man möchte ja niemanden zwingen, und vielleicht fällt es Ihnen schwer, hier Überzeugungsarbeit zu leisten… Versuchen Sie dennoch, auf die Vorteile hinzuweisen, die ein gebärdendes Umfeld mit sich bringt. Lassen Sie auch Ihr Kind Vorbild sein und mit Büchern oder eigenen Gebärden-Alben zeigen, wie Sie miteinander reden/gebärden. Für die meisten ist die kindliche Kommunikationslust dann doch unwiderstehlich.
Mein Kind benutzt nicht die üblichen Gebärden. Sollen wir seine Version übernehmen?
Gebärden sind eigentlich nur vereinfachte Körpersprache, bestimmte Handbewegungen, denen man eine bestimmte Bedeutung zugewiesen hat. Im Prinzip könnten Sie oder Ihr Kind sich also eigene Bewegungen ausdenken. Standardisierte Gebärden haben jedoch den Vorteil, dass sie von allen – zuhause, im Kindergarten, in Schule und Freizeit – verstanden werden, weil alle das gleiche System verwenden. Am besten gebärden Sie also „nach dem Lehrbuch“, sonst kommt Ihr Kind durcheinander. Mit der Zeit wird Ihr Kind die richtigen Zeichen lernen.
Ich habe einen Gebärdenkurs besucht, finde es aber schwer, über das Anfängerniveau hinauszukommen und richtig „fit“ zu werden. Was kann ich tun?
Machen Sie weiter, besuchen Sie weitere Kurse. Wenn Sie schon einiges können, raten wir Ihnen, an einem Kurs in Gehörlosensprache zu teilzunehmen. Diese Kurse sind anspruchsvoller, haben ein höheres Lerntempo und werden Sie mehr fordern. Viele finden, dass Sie nach einem solchen Kurs „fließender“ gebärden und besser gleichzeitig reden und gebärden können.
Wie unterscheidet sich GuK von der Gebärdensprache der Gehörlosen?
Wenn Sie Gebärdenunterstützte Kommunikation einsetzen, verwenden Sie die Handzeichen der Gehörlosensprache, man könnte also sagen, dass die Vokabeln dieselben sind. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass Sie dabei wie gewohnt sprechen und nur die wichtigsten Wörter Ihrer Äußerung gebärden. Die Gehörlosensprache dagegen wird nicht von gesprochener Sprache begleitet und hat eine völlig andere Grammatik (die nicht der Lautsprache entspricht).
Was ist der Unterschied zwischen GuK und Sprachtraining?
Wenn man Gebärden sprachbegleitend einsetzt, will man hauptsächlich eine funktionierende Kommunikation schaffen, indem man möglichst viel Information in seine Äußerung einbaut. Beim Sprachtraining dienen Gebärden als eines von mehreren Werkzeugen, um das Lernen effektiver und anschaulicher zu machen. Kinder prägen sich sprachliche Inhalte, die mit Hilfe von Gebärden vermittelt werden, leichter und schneller ein. Gebärdenkommunikation an sich ist jedoch kein Sprachtraining.
Wo kann ich weitere Informationen über Gebärdenunterstützte Kommunikation finden?
(Literaturliste anfertigen)
64-65 Warum wir eine Sprache brauchen
Warum wir eine Sprache brauchen
Iréne Johansson, Professorin für Sonderpädagogik und Phonetik,erklärt warum Sprache und Teilhabe so wichtig sind. Sie beschäftigt sich unter anderem mit Fragen zum Recht aller Individuen auf Sprache.
Warum müssen Kinder eine Sprache entwickeln?
Wir brauchen eine Sprache, damit wir eine innere Vorstellungswelt aufbauen, Probleme lösen, uns erinnern und fantasieren können. Ohne Sprache sind wir gefangen im Hier und Jetzt – die Sprache befreit uns von Zeit und Raum. Um unsere innere Welt entfalten zu können, müssen wir Kontakt mit der Außenwelt aufnehmen, und dazu brauchen wir ein Werkzeug – unsere Sprache. Wer Sprache nicht versteht, kann sich nur schwer in seine Umwelt einbringen, und wer nicht sprechen kann, dem fällt es schwer, andere an seinem Innenleben teilhaben lassen.
Was bringen Gebärden mir und meinem Kind?
Egal, ob Ihr Kind mit kleinen oder großen Sprachschwierigkeiten kämpft, werden ihm Gebärden aller Voraussicht nach gute Dienste leisten. Gebärden sind ein Werkzeug für die Sprachentwicklung. Ihr Kind bekommt das Rüstzeug an die Hand, um mit seiner Umgebung kommunizieren zu können. Und die Umgebung sollte einen wesentlichen Aspekt nicht übersehen: Beansprucht man einen wichtigen Platz im Leben eines Kindes, darf man nicht erwarten, dass das Kind einem die Arbeit abnimmt, sondern man muss sich selbst engagieren. Kinder sind hier kompetent und treffen ihre Wahl. Wenn Sie nicht selbst aktiv werden und mit Gebärden am Leben Ihres Kindes teilnehmen, werden Sie ausgegrenzt, bleiben Sie eine Randfigur. Und das wollen Sie ja sicher nicht.
Was also sollten wir, das Umfeld des gebärdenden Kindes, tun?
Alle Bezugspersonen müssen dem Kind helfen, Erfahrungen zu machen. Erfahrungen sind das A und O. Sie entstehen in einem ständigen Austausch mit anderen, und je mehr „Kontaktflächen“ ein Kind hat, desto größer wird sein Erfahrungsnetz. Wir Menschen müssen uns in anderen spiegeln können: Kinder erproben sich selbst an ihren Mitmenschen und lesen deren Reaktionen ab. Ein Spiegel, der immer wieder verständnislos dreinblickt, wirkt auf ein Kind kalt und gleichgültig. Will man ein lebendiger Spiegel sein, sind also ein paar Stunden Gebärdenkurs nicht genug, sondern Gebärden lernen und Gebärden anwenden ist eine ständige Aufgabe.
Wie kann ich das lernen? Und vor allem, wie werde ich mit den Gebärden vertraut?
Mein Tipp ist: Üben Sie viel, gebärden Sie regelmäßig. Wählen Sie Bereiche, wo Sie unbeschwert gebärden können, und vergessen Sie Ihre hohen Ansprüche. Es muss nicht alles richtig sein, Sie machen ja auch beim Sprechen mal Fehler. Gebärden Sie frisch von der Leber weg und suchen Sie sich Situationen, die Ihnen viel Gelegenheit dazu bieten. Meiner Meinung nach ist es am besten, sich einfach ins Gespräch zu stürzen, in Situationen, wo man Gebärden benutzen muss. Denken Sie daran, dass Sie immer einen Schritt weiter sein sollten als Ihr Kind. Ihr Kind lernt von Ihnen, und was Sie nicht können, kann also auch Ihr Kind nicht lernen.
Also… will der jetzt an meinem Leben beteiligt sein oder nicht?!
Na klar! Ich bin doch auch ein Sprach-Bauarbeiter!
Die promovierte Pädagogin Gunilla Ladberg befasst sich unter anderem mit Spracherwerb und Mehrsprachigkeit von Kindern und Erwachsenen. Auszüge aus dem Buch Barn med flera språk – Tvåspråkighet och flerspråkighet i familj, förskola, skola och samhälle von Gunilla Ladberg, Liber Förlag
Sprecherwechsel
Eine entscheidende Voraussetzung für jede Art von Kommunikation ist das, was die Sprachwissenschaftler Sprecherwechsel nennen: die Fähigkeit, zwischen Reden und Zuhören wechseln zu können. Inzwischen wissen wir, dass schon Säuglinge diese Fähigkeit besitzen, vielleicht von Geburt an. Häufig ergreifen Babys selbst die Initiative zur Kommunikation: Bei aufmerksamer Beobachtung kann man sehen, dass sie erst eine Bewegung machen oder einen Laut von sich geben, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, und dann innehalten und dem anderen Zeit für die Antwort lassen, wobei sie ihr Gegenüber intensiv anblicken.
Sprache entsteht aus dem Bedürfnis sich mitzuteilen
Wir Menschen haben das Bedürfnis, uns mitzuteilen. Wir wollen unsere Gefühle zeigen, von Erlebtem berichten und unsere Erfahrungen mit anderen teilen. Das sieht man schon bei den Kleinsten. Kinder wollen erzählen, was sie erlebt oder vollbracht haben, was ihnen Angst oder Freude gemacht hat. Wenn jemand versteht, was sie sagen wollen, und antwortet, wird ihr Vertrauen in die Möglichkeiten der Kommunikation gestärkt. Die Antwort braucht nicht in Worten formuliert zu sein. Wir haben ein ganzes Repertoire von Kanälen, um Interesse zu zeigen, zu reagieren und zu bestätigen.
Wenn Kinder aufgeben
Es kommt auch vor, dass Kinder aufgeben und nicht mehr versuchen, sich verständlich zu machen. Sie ziehen sich zurück oder meiden Spiele und Aktivitäten, bei denen man reden muss. Das ist vielleicht die größte Gefahr. Alle Kinder brauchen die Erfahrung, dass Kommunikation funktioniert. Nur so bekommt ein Kind Zutrauen zur Sprache. Kinder, die nicht mehr versuchen sich zu verständigen, können lange in einer Gruppe sein, ohne nennenswerte sprachliche Fortschritte zu machen. Es reicht nicht, die Sprache im Raum zu haben – man muss auch aktiv kommunizieren.
Dazugehören
Unser Bedürfnis, dazuzugehören und zu sein „wie die anderen“, nicht negativ aufzufallen, sondern in der Gruppe aufzugehen, ist eine treibende Kraft aller Kommunikation. Um zu verstehen, wie wir der Sprache unserer Kinder auf die Sprünge helfen können, sollten wir uns einige wichtige Fragen stellen:
- Worüber möchte oder muss mein Kind reden?
- Mit wem möchte oder muss mein Kind reden?
- Wem möchte mein Kind ähnlich sein? Wen bewundert mein Kind?
- Zu welcher Gemeinschaft möchte mein Kind gehören?
In den Antworten auf diese Fragen liegt der Antrieb für die kindliche Sprachentwicklung.
Sprache und Denken
Sprache ist nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern auch ein Werkzeug des Denkens. Wir verwenden Sprache, wenn wir nachdenken, lernen, schlussfolgern und versuchen, Zusammenhänge zu verstehen. Mit Hilfe von Sprache können wir Dinge identifizieren, kategorisieren und uns später daran erinnern. Wer Worte hat für das, was er sieht, nimmt mehr wahr und behält es besser im Gedächtnis.
Denken und Probleme lösen, für die Zukunft planen und Vergangenes bewerten – für all das machen wir uns die Sprache zunutze.
Alle Kinder brauchen Zugang zu einer Sprache, um ihr Denken zu entwickeln
60-61 Forts Forschung
” Es gibt viele Gründe, die Vorteile einer gebärdenden Umgebung für das Kind zu betonen. Eine gebärdende Umgebung ermöglicht dem Kind selbstbestimmte Kommunikation, verbessert seine Teilhabechancen und verleiht sowohl ihm selbst als auch seiner Kommunikationsform mehr „Status“.
Entsprechendes gilt auch für die Mitarbeiter/innen von Einrichtungen, die mit dem Kind arbeiten. Gemeinschaftliche Arbeit und kollektive Verantwortung der gesamten Belegschaft für eine gebärdende Umgebung schaffen gemeinsame Voraussetzungen und entlasten den Einzelnen. Gemeinsam lassen sich z. B. Weiterbildungsforderungen eher durchsetzen, und es fällt es leichter, das Kind als Bereicherung und die Aufgabe als Herausforderung anzusehen.“
„Der erste zentrale Ansatzpunkt für ein sowohl kommunikatives als auch gebärdendes Umfeld ist das Zuhause. Für die Familie ist es wichtig, dass alle, die mit dem Kind in Berührung kommen, über dessen Kommunikationsschwierigkeiten und die geeigneten Methoden Bescheid wissen. Alle sollten außerdem eine GuK-Ausbildung erhalten, nicht nur die engsten Familienmitglieder.“
„Damit ein Kind eine neue Sprache lernen kann, muss es sich in einem Umfeld befinden, wo Kommunikation unterstützt und gefördert wird. Die betreffende Sprache muss von vielen Personen und in allen Situationen verwendet werden. Zusammen mit der Sprache lernt das Kind die Regeln, nach denen zwischenmenschliche Verständigung funktioniert. Kommunikation und kommunikative Fähigkeiten entwickeln sich in der Interaktion, im Gespräch.“
Boel Heister Trygg, Logopädin am Södra Regionens Kommunikationscentrum (SÖK), Malmö/Schweden
„ Wir Menschen sind soziale Wesen, und unser Drang zu kommunizieren ist enorm. Wenn der Mensch ein Werkzeug bekommt – also etwas, das ihm die Kommunikation erleichtert – eignet er sich auch leichter die anderen Werkzeuge an, die er für seine Verständigung benötigt. Was wir Menschen brauchen, ist Kommunikation, Kommunikation ist das Ziel – die Sprache nur ein Mittel. Dass die Kommunikation funktioniert, ist also wichtiger als die jeweilige Sprache, die dabei zum Einsatz kommt. Alles, was der Kommunikation dient, dient auch der Sprachentwicklung.“
Gunilla Ladberg, Psychologin und promovierte Pädagogin
David R. Beukelman und Pat Mirenda haben umfassende Informationen über Unterstützte Kommunikation zusammengestellt, darunter vieles zum Thema Gebärdenunterstützte Kommunikation. Gebärden sind bei einer Vielzahl unterschiedlicher Sprachstörungen von Vorteil, schreiben die Autoren und nennen sechs gute Gründe für sprachbegleitende Gebärden :
Man spricht langsamer und deutlicher
Gebärdenbewegungen sind leichter auszuführen als Sprechbewegungen
Gebärden fördern die Konzentration beim Lernen
Hörgedächtnis und logisches Denken werden weniger beansprucht
Visuelle Information (Gebärden) behält man oft leichter als auditive (Lautsprache).
Eine Gebärde ist dem Begriff, den sie beschreibt, oft ähnlicher als der entsprechende lautsprachliche Ausdruck
David R. Beukelman, Sprachpathologe, University of Nebraska, Lincoln/USA, und Pat Mirenda , Professorin an der Fakultät für Psychologie und Erziehungswissenschaften, University of British Columbia , Vancouver/Kanada, in: Augmentative and alternative communication. Supporting children and adults with complex communication needs (3. Auflage 2007)
Wiebke Beckmann hat in einer Studie an 6-9-jährigen Schüler/innen mit Autismus untersucht, ob ein Wechsel der Sprache – von auditiv (Lautsprache) zu visuell (Gebärden) – sich auf die Kommunikation und Interaktion der Kinder auswirkt. Die Studie basierte auf der Beobachtung, dass gesprochene Sprache bei den Kindern nicht die Art von Aufmerksamkeit erzeugte, die sie zum Sprechen motiviert, auch wenn das Gehör der Kinder nicht beeinträchtigt war.
Wie die Ergebnisse zeigen, veränderte sich mit der Einführung von Gebärden die Kommunikation im Klassenzimmer. Kinder und Erwachsene kommunizierten aufmerksamer miteinander und die Atmosphäre in der Schule entspannte sich. Diejenigen Kinder, die vorher nicht sprachen, konnten jetzt leichter mit Lehrer/innen und Schulkamerad/innen interagieren. Kooperation und Verständigung verbesserten sich allgemein.
Laut Wiebke Beckmann verändert sich Aufnahmefähigkeit der Kinder deutlich durch den Einsatz von Gebärden. Gebärden fördern die Aufmerksamkeit der Kinder, machen ihnen die Dinge leichter begreiflich und verbessern dadurch die Möglichkeiten der Verständigung und Zusammenarbeit. Zudem regt der betont visuelle, bewegte Charakter der Gebärden die Kinder zur Nachahmung an.
Wiebke Beckmann, Wissenschaftliche Assistenstin, Universität Hamburg (Vortrag im Rahmen der Internationalen UK-Konferenz in Düsseldorf 2006)
Gebärden und Zweitspracherwerb – Erfahrungen aus Schweden
„Die Mitarbeiter/innen der Kindergartenabteilung konnten Veränderungen in der Gruppe beobachten, nachdem sie Gebärdenunterstützte Kommunikation eingeführt hatten. Ihr Eindruck ist, dass sich die Kinder schneller neue Wörter aneignen, mehr verstehen, einen größeren Wortschatz entwickeln und auch früher anfangen zu sprechen. Kinder mit Schwedisch als Zweitsprache lernten den Erzieher/innen zufolge leichter Schwedisch. Aus den Antworten geht auch hervor, dass einige Erzieher/innen Unterschiede zwischen der betreffenden Abteilung und anderen Kindergartenabteilungen unter gleicher Leitung wahrgenommen haben. Sie erleben die Kinder als kompetent in ihrem sprachlichen Ausdruck, als kontakt- und redefreudig. Ein Teilnehmer erwähnt auch, dass die Kinder ruhiger sind, gut stillsitzen und zuhören können.“
„Im Kindergarten hat man festgestellt, dass die Kinder früher kommunizieren und dass sie schneller Schwedisch lernen, seit mit GuK gearbeitet wird. Dies lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass die Kinder mit der Gebärde ein Bild oder Symbol erhalten, das den Inhalt konkretisiert. Laut Bruner, unter Verweis auf Imsen (2000), spielen das konkrete und das visuelle Gedächtnis eine wichtige Rolle beim Lernprozess. Kinder brauchen Bilder, um in ihrem Innern eigene Vorstellungen entwickeln zu können, und diese Bilder kann ihnen die Lautsprache allein nicht vermitteln.“
„Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass GuK den Zweitspracherwerb in Kindergarten und Schule durchaus unterstützen kann. Die Gebärde kann ein erster Schritt auf dem Weg zur neuen Sprache sein. Genau wie ein Kind, das krabbelt, bevor es laufen lernt, nimmt das Kind die Gebärde zu Hilfe, bevor ihm das Wort in der neuen Sprache zur Verfügung steht.“
Johansson, Cecilia und Reftel, Katarina: TAKK som ett stöd för andraspråksinlärning i förskola och skola. Skolutveckling och ledarskap . (2005) (Auszüge aus einer Examensarbeit im Aufbaustudiengang Sonderpädagogik/Lehramt, Hochschule Malmö/Schweden)
„ Stellenweise wird dafür plädiert, in bestimmten Kindergärten bei allen Kindern der Gruppe Gebärden einzusetzen. Viele Kinder in schwedischen Kindergärten haben eine andere Muttersprache. Gebärden dienen als Brücke zwischen der Muttersprache und dem Schwedischen.“
Boel Heister Trygg, Logopädin am Södra Regionens Kommunikationscentrum (SÖK), Malmö/Schweden
58-59 Forts Forschung
Langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass Gebärden vielen Kindern, die besondere Unterstützung bei der Sprachentwicklung brauchen, gute Dienste leisten. Hierbei kann es sich z. B. um Kinder mit Down-Syndrom, Autismus oder spastischer Lähmung handeln, oder auch um Kinder, deren Sprachentwicklung aus verschiedenen Gründen verzögert ist. Nach neuesten Erkenntnissen profitieren auch Kinder mit normaler Sprachentwicklung sprachlich sowie intellektuell von Gebärden, wenn früh damit begonnen wird.
Jon F. Miller (Miller et al. 1991) demonstriert in seinen Studien, dass gebärdende Personen verglichen mit Nichtgebärdenden über einen größeren lautsprachlichen Wortschatz verfügen. Millers Forschung belegt auch, dass visuelle Information leichter zu verarbeiten ist und dass Gebärden der Verständlichkeit dienen.
Jon F. Miller, Professor am Fachbereich Kommunikationsstörungen der University of Wisconsin/USA
Kommunikation ist ein menschliches Grundbedürfnis und subjektiv für Lebensqualität von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine wesentliche Bedingung für soziale Partizipation und Selbstbestimmung und zudem eine wichtige Grundlage jeder Entwicklung. Es besteht deshalb die Notwendigkeit, beeinträchtigten Kindern sowohl frühe entwicklungsbegleitende Hilfen zum Verstehen und zum Verständigen anzubieten als auch Jugendlichen und Erwachsenen, die sich nicht hinreichend lautsprachlich verständigen können, Möglichkeiten ergänzender und ersetzender Kommunikationsformen zu vermitteln. Besonders günstige Erfahrungen bei der Anwendung von Gebärden liegen zur sprachlichen Förderung bei Kindern mit Down-Syndrom vor, aber auch bei anderen Kindern mit kognitiven Beeinträchtigungen, die eine stark verlangsamte Sprachentwicklung zeigen, aber keine wesentlichen motorischen probleme haben. Bei Zweisprachigkeit können Gebärden eine Brücke für das Verstehen und die Verständigung sein.
Etta Wilken, emeritierte Professorin für Allgemeine und Integrative Behindertenpädagogik an der Leibniz-Universität Hannover, in ihrem Buch Unterstützte Kommunikation. Eine Einführung in Theorie und Praxis (3. Auflage 2010)
”Für Kinder ist es ein Vorteil, wenn sie schon vom Babyalter an eine Sprache lernen. Den Eltern sollte man Mut machen, Gebärden einzusetzen, und Ihnen Informationen zu verschiedenen Aspekten der Sprachentwicklung geben, damit sie ihrem Kind helfen können. Vermutlich sind die Eltern die mit Abstand besten Lehrer ihrer Kinder. Wir sollten sie ermuntern, den Wortschatz des Kindes kontinuierlich zu erweitern und dann auch mit der Struktur der Sprache zu arbeiten. Wenn nötig, sollten sie das Sprachtraining bis in die Pubertät fortsetzen. Unsere Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass Kinder, die früh Sprachtraining – einschließlich Gebärden- und Lesetraining – erhalten, unter Umständen nicht so lange Unterstützung brauchen.“
Sue Buckley, emeritierte Professorin mit Arbeitsschwerpunkt Lernbehinderungen, Fachbereich Psychologie, University of Portsmouth/Großbritannien. Gründerin von Down Syndrome Education International (DSE).
Die wichtigsten Vorteile von Gebärden:
Gebärden kommen mit weniger Feinmotorik aus als die Lautsprache
Gebärden nutzen andere Sinneskanäle
Gebärden fördern die Konzentration
Gebärden sind in vielen Fällen konkreter
Gebärden verdeutlichen die gesprochene Sprache
Gebärden hat man immer dabei
Gebärden bremsen den Redefluss von Erwachsenen
Gebärden bilden eine Brücke zwischen der Lautsprache der Umgebung und der eigenen angeborenen Ausdrucksweise, der Körpersprache
Entnommen aus: Boel Heister Trygg: TAKK – tecken som alternativ och kompletterande kommunikation (2004)
Linda Acredolo und Susan Goodwyn zeigen in ihrer von National Institutes of Health (USA) finanzierten Studie aus dem Jahr 2000, dass Gebärden bei ALLEN Kindern eine sprachfördernde Wirkung haben. 140 Kinder im Alter von 11 Monaten mit normaler Sprachentwicklung wurden nach dem Zufallsprinzip in eine gebärdende und eine nicht-gebärdende Gruppe eingeteilt. Sämtliche Kinder wurden bis zum Alter von drei Jahren alle vier Monate mithilfe von standardisierten Sprachtests beurteilt. Demnach waren die gebärdenden Kinder den anderen Kindern im Alter von zwei Jahren etwa vier Monate voraus. Im Alter von drei Jahren sprachen die gebärdenden Kinder im Durchschnitt etwa wie Vierjährige, hatten also einen Vorsprung von fast einem Jahr. Ferner zeigte sich, dass diesen Kindern das Lernen auch später leichter fiel.
Abgesehen von den dokumentierten Impulsen für die lautsprachliche und geistige Entwicklung hat man im Rahmen der Studie noch weitere wichtige Stärken von Gebärden erkannt. Gebärdenkommunikation bei hörenden Kindern…
reduziert Frustration und Aggression
macht Eltern und Lehrer aufmerksamer
schafft Vertrauen zwischen Kindern und Erwachsenen
gibt Kindern die Möglichkeit, sich verständlich zu machen und ihre Fähigkeiten zu zeigen
trägt zu einer positiven emotionalen Entwicklung der Kinder bei, stärkt Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl
Linda Acredolo, emeritierte Professorin für Psychologie, University of California/USA, und Susan Goodwyn, Professorin für Psychologie, California State University/USA, sind die Autorinnen des Buches Babysigns: How to talk to your baby before your baby can talk.
In seinem Vortrag bei der International Conference on Developmental Issues in Down Syndrome (2005) erwähnt John Clibbens, daß Gebärdenkommunikation nach den gleichen Regeln abläuft wie gesprochene Sprache. Die Gebärdenkommunikation entspricht der Struktur der Lautsprache, was den Sprecherwechsel betrifft, und kann im Verlauf der kindlichen Sprachentwicklung grammatisch aufgebaut werden. Der Einsatz von Gebärden fördert die Sprachentwicklung, erweitert den Wortschatz, reduziert Frustration und sorgt für bessere Verständlichkeit. Fortgesetzte Gebärdenkommunikation bei älteren Kindern wirkt sich positiv auf deren Grammatikgebrauch aus.
John Clibbens,emeritierter Professor für Entwicklungspsychologie, Fachbereich Psychologie, University of Birmingham/Großbritannien
„Ein Kind braucht frühen und regen Austausch mit wichtigen Bindungspersonen. Ohne Dialog mit anderen Menschen baut es in seinem Inneren keine Erlebnis- und Gedankenwelt auf, und ohne diese Welt fehlt ihm der Ausgangspunkt für seine Kommunikation.“
Margareta Berg-Brodén und Bim Riddersporre, Intervention vid tidiga kontaktstörningar. Interaktionell diagnostik och samspelsbehandling. In: Socialmedicinsk Tidskrift 9-10 (1993), S. 428-435
56-57 Forschung und Fakten
Forschung und Fakten
Geschichte
Schon seit einigen hundert Jahren gibt es Versuche, Bilder und grafische Symbole zur Kommunikation zu nutzen, immer mit dem Ziel, Menschen ohne Lautsprache aus ihrer Isolation zu befreien. Inzwischen hat diese Form der Kommunikation einen Namen – UK (Unterstützte Kommunikation). Heute existieren viele verschiedene Formen von Unterstützter Kommunikation, z. B. Piktogramme, PCS-, Rebus-, Bliss-Symbole und Gebärden. Für Menschen, die eine Kommunikationshilfe brauchen und keine gravierenden motorischen Einschränkungen der Hände haben, sind Gebärden in vielen Ländern die gängigste UK-Variante.
Schon immer hat es Menschen gegeben, denen ganz oder weitgehend die Fähigkeit fehlte, Lautsprache zu produzieren, entsprechende Kommunikationshilfen sind jedoch kaum dokumentiert. Die historischen Wurzeln heutiger Forschung und Praxis auf dem Gebiet der Unterstützten Kommunikation liegen im Europa des 18. Und 19. Jahrhunderts. Damals gab es verschiedene Bestrebungen, Alternativen zur Lautsprache zu finden, um Menschen mit schweren Kommunikationsstörungen das Leben zu erleichtern und ihre Isolation zu durchbrechen. Der frühe Einsatz grafischer Symbole als Alternative oder Ergänzung zur gesprochenen Sprache ist in Autobiografien behinderter Personen belegt, aber die systematische Nutzung von Kommunikationshilfen durch andere als Gehörlose erfolgte erst gegen Ende 1960. Bei der Einführung von Gebärden für Hörende, parallel mit dem Durchbruch der Gebärdensprache in den 70er Jahren, richtete man sich vor allem an Menschen mit geistigen Behinderungen. Gebärden werden in den verschiedenen europäischen Ländern in sehr unterschiedlichem Maße genutzt. Sicher hat eine positive Einstellung zur Gebärdensprache maßgeblich zur Einführung von Gebärden für Hörende beigetragen. Vor allem in Nordamerika, Skandinavien und Großbritannien macht sich diese positive Haltung bemerkbar, und dementsprechend werden Gebärden in diesen Ländern auch häufiger eingesetzt als grafische UK-Systeme.
Entnommen aus dem Buch Augmentative and alternative communication. European perspectives (1997) von Stephen von Tetzchner, Professor für Psychologie an der Universität Oslo/Norwegen, und Mogens Hygum Jensen, Lektor an der pädagogischen Hochschule in Esbjerg/Dänemark.
Forschung
Viele Eltern und Pädagogen können bezeugen, dass Gebärden die Kommunikations- und Sprachentwicklung von Kindern fördern. Darüber hinaus haben sich eine Anzahl von Fachleuten auf dem Gebiet der Sprach- und Kommunikationsforschung wissenschaftlich mit dem Thema Gebärden beschäftigt. In diesem Kapitel stellen wir die bisherigen Forschungsergebnisse kurz vor.
Iréne Johansson hat 1987 gezeigt, dass sich Kleinkinder mit Down-Syndrom mithilfe von Gebärden viel früher ausdrücken können als lautsprachlich, wenn Ihnen lautsprachbegleitend Gebärden vermittelt werden. Auf diese Weise wird den Kindern Kommunikation und Sprachentwicklung ermöglicht, obwohl sie noch nicht sprechen können. Keines der Kinder blieb im Gebärdenstadium „hängen“, sondern die Gebärdenkommunikation erwies sich vielmehr als ein schnellerer Weg zur Sprache. Der lautsprachliche Wortschatz folgte der Entwicklungskurve für Gebärden mit einem Jahr Verzögerung.
Iréne Johansson konnte auch zeigen, dass Kinder, die Gebärden und Sprachtraining erhalten, über einen größeren Wortschatz verfügen als Kinder, die keine Hilfestellung durch die Anwendung von Gebärden vermittelt bekommen.
Iréne Johansson, emeritierte Professorin für Phonetik und Sonderpädagogik, Universität Umeå und Karlstad/Schweden. Gründerin des „Karlstadmodells“.
Kaisa Launonen hat ebenfalls im Rahmen einer Studie gezeigt, dass Gebärden bei Kindern mit Down-Syndrom zu einer verbesserten Sprachentwicklung führen und daß die gebärdenden Kinder über einen deutlich größeren lautsprachlichen Wortschatz verfügen. Launonens Studie verfolgt die Entwicklung der Kinder über mehrere Jahre und macht deutlich, daß die gebärdende Gruppe ihren Vorsprung in Bezug auf die (Laut)sprachentwicklung, einschließlich Lese- und Schreibfähigkeiten, auch später beibehält.
Kaisa Launonen, Professorin für Logopädie, Institut für Sprechwissenschaft, Universität Helsinki/Finnland
Text im Diagramm: tecken = Gebärden; tal = Lautsprache
Variation des aktiven Wortschatzes (Gebärden bzw. Lautsprache) bei 58 Kindern mit Down-Syndrom im Alter von 13-27 Monaten
Gebärden helfen Kindern, früher zu kommunizieren. Wenn sich die Lautsprache einstellt, dauert es nicht lange, bis sie die Gebärden ersetzt.
Text im Diagramm: ålder = Alter; tecken = Gebärden; tal = Lautsprache
38-39 Gebärden lernen Schritt für Schritt
Gebärden lernen Schritt für Schritt
Startklar für den Sprachaufbau? Dann kann’s losgehen!
Ihre Checkliste für den Anfang
Gehen Sie, wenn Sie Gebärden einsetzen, gedanklich am besten davon aus, wie Sie Ihrem Kind normalerweise das Sprechen beibringen würden. Wie machen Sie das? – Ja, Sie reden natürlich mit Ihrem Kind in allen möglichen Situationen, erzählen und stellen Fragen. So sollten Sie auch denken, wenn Sie gebärden. Reden und gebärden Sie immer und überall!
Im Babyalter kommt zuerst das sogenannte Gebärdenlallen. Genau wie Kinder sprechen lernen, indem sie zunächst brabbeln, fangen viele Kinder an zu gebärden, indem sie mit den Armen rudern.
Denken Sie daran, Wörter zu benutzen, die in der jeweiligen Situation für Ihr Kind interessant sind. Begleiten Sie die gesprochene Sprache mit Gebärden, wenn Sie essen, spielen, Zähne putzen, Geschichten lesen – also wann immer Sie sonst nur reden würden.
Bedenken Sie, daß es eine Weile dauern kann, bis Ihr Kind anfängt zu gebärden. Geben Sie jedoch nicht auf, machen Sie einfach weiter! Sie hören ja auch nicht auf, mit Ihren Kind zu reden, nur weil es nicht gleich spricht, nicht wahr?
Fangen Sie an, Gebärden zu lernen und benutzen Sie sie gleich. Viele finden das anfangs etwas ungewohnt oder albern, aber das Gefühl legt sich bald. Übung macht den Meister!
66.
Lernen Sie zunächst die Gebärden, die für Ihr Kind zum aktuellen Zeitpunkt interessant und relevant sind. Überlegen Sie sich auch Namensgebärden für Ihr Kind und alle nahestehenden Personen.
67.
Machen Sie einen Gebärdenkurs! Dort bekommen Sie Anregungen und können Erfahrungen mit anderen austauschen.
68.
Sorgen Sie dafür, daß so viele Bezugspersonen Ihres Kindes wie möglich Gebärden lernen und anwenden! Treffen Sie sich, und lernen Sie gemeinsam.
69.
Unternehmen Sie Dinge, die Ihnen und Ihrem Kind Spaß machen, und lassen Sie dabei Gebärden einfließen! Versuchen Sie, in allen Situationen zu gebärden, nicht nur beim Vorlesen und beim Essen.
70.
Legen Sie Gebärdenhefte und Fotoalben mit Bildern von Ihrem Kind an. Solche Bücher machen Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter sicher noch mehr Spaß als die üblichen Kinderbücher und sind auch für andere lehrreicher, weil sie die verschiedenen Gebärden ins Gedächtnis rufen.
36-37 Lehrer/Innen/Schulpersonal
Lehrer/Innen/Schulpersonal
Vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen, welchen Rat geben Sie den Pädagogen in der Schule?
Lesen Sie meine Ratschläge für den Kindergartenstart und planen Sie von Anfang an Gesprächstermine ein, um die Teamarbeit im Umfeld des Kindes zu vereinfachen. Für Kinder, die mit Gebärden kommunizieren, ist die Teamarbeit aller Bezugspersonen, und in allen Lebensbereichen, besonders wichtig. Andernfalls kann es schwierig werden, die Beteiligten auf dem Laufenden zu halten, was aktuelle oder neu zu lernende Gebärden betrifft.
Kinder, die es vom Kindergarten her gewohnt sind, zu gebärden, brauchen oft auch noch in der Schule Gebärden. Wenn diese Möglichkeit eingeschränkt wird oder verschwindet, sind die Lernchancen des Kindes gefährdet. Auch einem Kind, das seine lautsprachlichen Fähigkeiten entwickelt hat, können Gebärden, zum Beispiel bei Arbeitsanweisungen oder Neueinführung von Lernstoff, sehr nützlich sein. Gebärdende Kinder und Jugendliche können sich leichter konzentrieren und dem Unterricht folgen, wenn Ihre Lehrer/innen lautsprachbegleitende Gebärden verwenden. Andere Erfahrungen, die ich Ihnen mitgeben möchte:
- Um einem Kind die besten Lernvoraussetzungen zu bieten, sollten alle schulischen Bezugspersonen eine Ausbildung in Gebärdenunterstützter Kommunikation Das gilt für Klassenlehrer/innen und andere Lehrer/innen sowie übriges Schulpersonal, mit dem das Kind in Berührung kommt. Diese Personen sollten auch erfahren, welche Möglichkeiten die Kommunikation mit Unterstützung von Gebärden einem Kind bietet, zu kommunizieren und sich zu einem selbstständigen Individuum zu entwickeln.
- Denken Sie daran, alle Schüler/innen der Klasse in die Gebärdenkommunikation mit einzubeziehen – das fördert alle und schafft die Voraussetzung für eine bessere Kommunikation der Kinder untereinander. Wenn nur ein/e Schüler/in in der Klasse gebärdet, müssen die anderen Gebärden lernen, damit er/sie überhaupt die Chance hat, ohne erwachsenen Dolmetscher mit den Klassenkamerad/innen zu kommunizieren. Und wenn er/sie vor der Klasse ein Referat halten soll, ist es natürlich von Vorteil, wenn die anderen verstehen, worum es geht!
- Und noch einmal: Hören Sie nicht auf, zu gebärden, wenn das Kind anfängt zu sprechen. Ein Kind mit Lernschwierigkeiten braucht oft kontinuierliches Gebärdentraining, um Wortschatz und Gesprächsthemen zu erweitern und um im Gespräch den roten Faden zu behalten.
- Vielleicht erreichen ja nicht alle Schulangehörigen das gleiche Niveau beim Gebärden, aber indem man z. B. die „Gebärden der Woche“ an verschiedenen Stellen in der Schule aushängt, bekommen viele die Möglichkeit, neue Gebärden zu lernen. Sie können auch die verschiedenen Räume mit Gebärdenbildern kennzeichnen oder Schulmahlzeiten mit Bild und Gebärde präsentieren. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf!
FÜHRUNGSPERSONAL IN KINDERGARTEN UND SCHULE
Welche Erfahrungen möchten Sie den leitenden Mitarbeitern von Kindergärten und Schulen mit auf den Weg geben?
Wenn Sie wissen, daß Sie ein Kind mit Gebärdenbedarf in Ihren Kindergarten oder Ihre Schule aufnehmen werden, planen Sie den Einstieg sorgfältig, damit die Gebärdenkommunikation ein natürlicher Teil des Arbeitsauflaufs für Ihre Mitarbeiter/innen wird. Ich empfehle Ihnen, der jeweiligen Gruppe bzw. Klasse von Anfang an eine zusätzliche Kraft zur Verfügung zu stellen. Warten Sie nicht ab, wie sich die Dinge entwickeln. Wenn die Arbeitsweise neu ist für Ihre Mitarbeiter/innen, brauchen sie Zeit, sowohl um das Kind kennenzulernen, als auch um sich die neue Kommunikationstechnik anzueignen. Mit einem guten Start lassen sich Fehlschläge und Missverständnisse sowie Frustration bei Kindern und Erwachsenen eher vermeiden, und der Bedarf an Zusatzkräften verringert sich vielleicht auf längere Sicht. Folgende Punkte halte ich auch noch für wichtig:
- Schaffen Sie Lehr- und Lernmaterialien zum Thema Gebärden an, um Ihren Mitarbeiter/innen und den Kindern die Vorbereitung zu erleichtern.
- Geben Sie Ihren Mitarbeiter/innen die Möglichkeit, kontinuierlich Gebärden-Fortbildungen zu besuchen. Bieten Sie dem Kollegium in diesem Zusammenhang auch Beratung und Betreuung in Bezug auf Gebärdenunterstützte Kommunikation Diejenigen, die nicht an den Lehrgängen teilnehmen, sollten auf jeden Fall Informationen über die Vorzüge und Einsatzmöglichkeiten von Gebärden erhalten. Sorgen Sie hierbei für eine stimulierende und motivierende Lernatmosphäre.
- Es sollte Aufgabe des Kindergarten- bzw. Schulträgers sein, dem Personal Weiterbildung in Gebärdenkommunikation zu ermöglichen. Ebenso sollte UK (Unterstützte Kommunikation) ein selbstverständlicher Teil der Ausbildung zum/zur Erzieher/in, Sonderpädagoge/in und Sonderschullehrer/in sein
- Und nicht zuletzt: Denken Sie daran, dass Gebärden nicht nur Kindern mit Behinderung guttun. Auch mehrsprachige Kinder, jüngere Kinder und Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerung profitieren sehr davon, wenn die Lautsprache mit Gebärden verdeutlicht wird.
Das Entscheidende ist, Gebärden als etwas zu sehen, das ALLEN Kindern der Gruppe zugutekommt!
34-35 Ehzieher/Innen/Kindergartenpersonal
Ehzieher/Innen/Kindergartenpersonal
Welchen Rat geben Sie den Mitarbeitern eines Kindergartens, der ein Kind mit Gebärdenbedarf aufnimmt?
Formulieren Sie einen genauen Plan, bevor das Kind zu Ihnen kommt – und beginnen Sie auch schon im Voraus mit den Gebärden.
Fangen Sie am besten an, mit Ihrer Kindergruppe zu gebärden, sobald Sie wissen, dass Sie einen Neuling mit Gebärdenbedarf bekommen werden. Auf diese Weise können Sie und die Kinder die Verständigung mit Gebärden vorab ausprobieren, und das Bedürfnis des neuen Gruppenmitglieds steht nicht so im Mittelpunkt. Arbeiten Sie z. B. mit „Gebärden der Woche“, singen Sie Gebärden-Lieder, lernen Sie zusammen Spielverse und kennzeichnen Sie Spielzeugkisten und Möbel mit Gebärden-Bildern.
Planen Sie den Einstieg sorgfältig. Kinder mit Sprachschwierigkeiten müssen eine besonders gute Bindung zu ein paar Erwachsenen entwickeln, die sich in der Eingewöhnungsphase bewusst Zeit nehmen, um die Kommunikation dieser Kinder zu verstehen. Auch wenn im Prinzip alle pädagogischen Mitarbeiter für die Entwicklung aller Kinder zuständig sind, empfiehlt es sich, spezielle Ansprechpartner/innen zu ernennen, die besondere Verantwortung für die laufende Arbeit übernehmen und den Kontakt zu Eltern, Kindergartenleitung und anderen beteiligten Institutionen (Logopäde/in usw.) halten.
Geben Sie der Eingewöhnungsphase Zeit, ruhig ein halbes Jahr. Das ermöglicht den Eltern, so lange wie nötig dabei zu sein, und anschließend haben vor allem die verantwortlichen Erzieher/innen Gelegenheit, das Kind mit verschiedenen Aktivitäten vertraut zu machen, seine Art der Kommunikation kennenzulernen und weiterzuentwickeln. Die verantwortlichen Erzieher/innen planen dann zusammen mit den Kollegen Aktivitäten und Material, entsprechend den Bedürfnissen des Kindes. Hierbei geht es darum, das Kind wirklich auf seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand „abzuholen“ und darauf aufzubauen. Versuchen Sie bei der Auswahl der Beschäftigungen auf die Interessen des Kindes einzugehen; das ist der beste Weg, um zu spontaner Kommunikation anzuregen und Anerkennung zu vermitteln. Beziehen Sie nach und nach andere Kinder ins Spiel ein, am besten erst ein Kind, dann weitere. Passen Sie die Aktivitäten immer an die Kinder an und nicht umgekehrt! Manche Kinder kommen vielleicht am besten zurecht, wenn sie nicht die ganze Zeit mitmachen, sondern nur am Anfang oder Ende einer Aktivität. Planen Sie die Tätigkeiten entsprechend in diesem Fall, und erklären Sie dem Kind genau, was es tun soll, damit es die begrenzte Teilnahme nicht als Scheitern empfindet.
Wie sollte man vorgehen, wenn sich erst im Kindergarten herausstellt oder der Verdacht aufkommt, dass das Kind eine Ergänzung zur Lautsprache benötigt, damit sich Kommunikation und Sprache entwickeln?
Denken Sie hier ähnlich, wie bei der Neuaufnahme eines Kindes. Wählen Sie eine/n Hauptverantwortliche/n, der/die als Kontaktperson für alle Beteiligten fungiert und sich auch mehr Zeit für das Kind und seine kommunikativen Voraussetzungen nimmt. Es ist nie falsch, Gebärden einzuführen. Warten Sie nicht auf Anweisungen von anderen, wenn es darum geht, sich für eine Kommunikationsform zu entscheiden und geeignete Wörter bzw. Gebärden auszuwählen.
Was sollte man im Kindergarten in Bezug auf Gebärden noch bedenken?
Lassen Sie Gebärden in alle Kindergartenaktivitäten mit einfließen, so dass sie nicht zur Mehrarbeit, sondern Teil Ihres regulären Kommunikations- und Sprachtrainings mit den Kindern werden. Damit das gelingt, müssen Sie sich Zeit für Vorbereitung und Weiterbildung nehmen. Natürlich wäre es ratsam, dass alle Mitarbeiter einen Gebärdenkurs absolvieren. Oder, nach den Worten einer Mutter: „Mein Kind sollte sich doch auch, genau wie andere Kinder, aussuchen dürfen, mit wem es kommunizieren möchte, und alle Kindergartenmitarbeiter sollten wohl in der Lage sein, mit meinem Kind zu kommunizieren.“ Es liegt in Ihrer Verantwortung als Erzieher-/in, wie die Kinder Gebärdenkommunikation erleben – nicht als etwas Unnatürliches, sondern als eine Form des „Sprechens“. Das setzt voraus, dass alle mitmachen, damit sich die Kinder mit allen Mitarbeitern ohne Dolmetscher unterhalten können. Denken sie daran, dass Kinder Vorbilder brauchen, gebärden Sie also in allen möglichen Situationen. Ein Kind, das Gebärden braucht, lernt viel beim Zuschauen, wenn andere miteinander gebärden: Kinder mit Erwachsenen, Kinder mit Kindern, Erwachsene mit Erwachsenen.
Bereiten Sie Spiele vor, bei denen Gebärden einen natürlichen Bestandteil des Ablaufs bilden. Üben Sie zum Beispiel verschiedene Schritte eines Rollenspiels und vermitteln Sie die dafür benötigten Handzeichen und Wendungen.
Planen Sie für das Kind „Qualitätszeit“ mit einem Erwachsenen ein. Kinder, die nicht sprechen, kommen erfahrungsgemäß viel zu selten zu Wort, wenn ein Schwarm anderer Kinder in der Nähe ist. Spielen Sie mit dem Kind, spielen Sie z. B. Interaktionsspiele, Nachahmungsspiele, Rollenspiele, lesen Sie gemeinsam Bücher und spielen Sie Brettspiele. Bereiten Sie das Kind auf Themen, Lieder und Spiele vor, die Sie für die ganze Gruppe geplant haben.
Bleiben Sie in der Nähe des Kindes, aber „bewachen“ Sie es nicht. Geben Sie ihm bei Bedarf Anleitung zu sinnvollen Beschäftigungen und spielen Sie mit anderen Kindern.
Informieren Sie die Eltern Ihrer Kindergruppe und berichten Sie mit Stolz über Ihr Engagement als gebärdender Kindergarten. Hängen Sie, gut sichtbar für alle Besucher des Kindergartens, Informationstafeln zum Thema und die „Gebärden der Woche“ aus.
Verwenden Sie Gebärden in der Gruppe, auch wenn das Kind mit dem größten Gebärdenbedarf nicht da ist.
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Planen Sie „Qualitätszeit“ ein für sich und Ihr Kind, und unternehmen Sie etwas, woran Sie beide Spaß haben. Ein kleines Kind, das Gebärden benutzt, weiß vielleicht nicht richtig, wie man ein Gespräch beginnt. Das heißt, manche Kinder gebärden, ohne sich wirklich an jemanden zu wenden, und man erkennt vielleicht nur schwer, dass sie gebärden. Gebärdende Kinder brauchen daher Zeiten, in denen sie mit der ungeteilten Aufmerksamkeit von Erwachsenen rechnen können. Zu lernen, wie man Kommunikation initiiert, ist ein wichtiger Entwicklungsschritt. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, die Sie Ihrem Kind deutlich zeigen können. Zum Beispiel kann Ihr Kind mit Mund oder Händen ein bestimmtes Geräusch machen, es kann „WOLLEN WIR SPIELEN?“ o. Ä. gebärden oder denjenigen, mit dem es reden will, berühren. Vergessen Sie nicht, anderen mitzuteilen, auf welche Weise Ihr Kind Kontakt aufnimmt.
Wie können wir uns auf den Kindergarten vorbereiten?
Meine Empfehlungen richten sich vor allem danach, ob Sie schon Kindergarten- oder Schulkinder haben, oder ob dieser Bereich neu für Sie ist.
Wenn Sie die Wahl und noch keine Kindergartenkinder haben, rate ich Ihnen, mehrere Kindergärten zu besuchen und mit den Erzieher/innen zu sprechen. Folgende Fragen können Sie dem Personal stellen:
1. Arbeiten Sie hier im Kindergarten mit Gebärden?
2. Mein Kind verwendet Gebärden – inwiefern wären Sie bereit, sich darauf vorzubereiten?
Verlassen Sie sich bei der Entscheidung für einen Kindergarten auf Ihr Gefühl. Machen Sie zusammen mit dem Personal einen genauen Plan, wie der Einstieg bzw. der anschließende Kontakt mit dem Kindergarten ablaufen soll.
Ein gebärdendes Umfeld setzt voraus, dass alle Bezugspersonen des Kindes mit Gebärden kommunizieren.
Wenn es Geschwister gibt, die bereits in den Kindergarten gehen, ist es vielleicht praktisch, ihr Kind im selben Kindergarten anzumelden. Planen Sie den Einstieg sorgfältig, zusammen mit dem Personal. Auch wenn Sie die Einrichtung selbst schon kennen, gibt es Neues zu bedenken, was die Aufnahme und den anschließenden Kontakt zum Kindergarten betrifft.
Eltern in beiden oben genannten Situationen möchte ich Folgendes mit auf den Weg geben:
Legen Sie ein Heft oder Buch für Ihr Kind an, mit Fotos von allen Familienmitgliedern oder anderen wichtigen Personen und Dingen. Fügen Sie den Bildern eine kurze Beschreibung für das Kindergartenpersonal hinzu und auch eine Illustration der entsprechenden Gebärde. Geben Sie Ihrem Kind dieses Heft mit, wenn es in den Kindergarten geht.
Planen Sie von Anfang an regelmäßige Treffen ein, um mit den Erzieher/innen über die Kommunikation Ihres Kindes zu sprechen.
Und wenn dann die Schule losgeht? Was sollte man dabei bedenken?
Planen Sie die Einschulung rechtzeitig! Hier müssen viele Entscheidungen getroffen werden. Erkundigen Sie sich über die verschiedenen Schulformen und lassen Sie sich von Pädagogen, Logopeden und evtl. ihrem Hausarzt beraten. Sie können auch verschiedene Schulleitungen kontaktieren, die entsprechenden Schulen besuchen und mögliche zukünftige Lehrer/innen Ihres Kindes treffen. Fragen Sie außerdem die Eltern von Spielkameraden Ihres Sohnes oder Ihrer Tochter, für welche Schule sie sich entschieden haben. Viele Kinder fühlen sich geborgener, wenn es in der neuen Umgebung eine vertraute Person gibt. Sobald Sie Ihre Wahl getroffen haben, vereinbaren Sie einen Gesprächstermin mit dem Schulpersonal, evtl. zusammen mit anderen Bezugspersonen ihres Kindes. Sprechen sie über dessen Stärken und Schwächen, damit die Schule sich vorbereiten kann.
30-31 So schaffen Sie ein gebärdendes Umfeld für Ihr Kind
So schaffen Sie ein gebärdendes Umfeld für Ihr Kind
Ein gebärdendes Umfeld setzt voraus, dass alle Bezugspersonen des Kindes mit Gebärden kommunizieren. Es ist also grundlegend, Gebärden zu lernen und anzuwenden. Damit das gelingt, zuhause wie im Kindergarten und in der Schule, können wir uns von vielen Tipps und Anregungen inspirieren lassen. Britt Claesson, Pädagogin für Unterstützte Kommunikation (UK) in Schweden, hat langjährige Erfahrung mit GuK und gibt hier ihre besten Ratschläge weiter.
Eltern und Verwandte
Woher weiß ich, ob und wann mein Kind Gebärden braucht?
Die ersten Anzeichen für eine Sprachentwicklungsverzögerung treten zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf. Manchmal wissen die Eltern schon von Geburt an, dass ihr Kind Unterstützung bei seiner Kommunikations- und Sprachentwicklung braucht. In anderen Fällen vermuten die Eltern, der Hausarzt oder Erzieher/innen im Kindergarten, dass eine sprachliche Verzögerung vorliegt. Es kann zum Beispiel so sein, dass ein Kind nicht anfängt zu sprechen oder dass es auch für Nahestehende nur schwer verständlich spricht. Vielleicht spielt es am liebsten allein und hat Mühe, mit Gleichaltrigen zu kommunizieren. Wenn man nicht verstanden wird, führt das natürlich zu Frustration.
Wo und wie fange ich an?
Zunächst einmal sollten Eltern, Geschwister und andere Vertraute die Möglichkeit haben, Gebärdenkurse zu besuchen. Es sollte selbstverständlich sein, Eltern ein entsprechendes Ausbildungspaket anzubieten. […] Einen Gebärdenkurs zu absolvieren, ist jedoch mein erster Rat an Eltern und Angehörige, die sich auf GuK einlassen wollen und müssen. Am Ende dieses Buches haben wir verschiedene Tipps für den Einstieg aufgelistet. Und hier noch einige weitere:
Ihr Kind muss mit den Menschen in seiner Umgebung kommunizieren können, daher noch einmal: Besuchen Sie einen Gebärdenkurs, und sorgen Sie dafür, dass so viele Verwandte und Bekannte wie möglich mitmachen! Fragen Sie Ihre Rehabilitationseinrichtung oder Ihren Logopäden, ob es Kurse für Eltern und andere Nahestehende gibt. Wenn es nur Kurse für Eltern gibt, können Sie in eigener Regie einen Studienzirkel starten und den anderen die Gebärden beibringen, die Sie gerade gelernt haben. Das ist übrigens eine prima Methode, um selbst Gebärden einzuüben!
Ermuntern Sie Verwandte, Freunde, Nachbarn und vielleicht auch den/die Verkäufer/in in Ihrer Stammbäckerei, Gebärden zu benutzen. Für die „Frau am Kiosk“ reicht es sicher erst einmal, die Gebärden für EIS, BONBONS, KAUFEN, GELD und DANKE zu können, damit sie und Ihr Kind sich ohne fremde Hilfe verständigen können.
Spielen Sie mit Gebärden! Gebärden Sie selbst beim Spielen, und warten Sie die Initiativen und Antworten Ihres Kindes ab. In Situationen, die Spaß machen, fällt Kommunikation leichter. Viele Kinder mögen Spielsituationen, die sich wiederholen, und dabei bietet sich das Gebärdentraining ganz natürlich an. Beim Rutschen auf der Rutschbahn können z. B. die Gebärden für WARTEN, „AUF DIE PLÄTZE, FERTIG, LOS“, MEHR, NOCHMAL, SCHNELL, LANGSAM, STAU etc. nützlich sein. Denken Sie daran, Pausen einzulegen, damit Ihr Kind Ihnen zeigen kann, wie das Spiel weitergehen soll. Manchmal dauert es vielleicht ein bisschen, bis Ihrem Kind die richtige Gebärde einfällt. Wechseln Sie sich in der Rolle des „Spielleiters“ ab. Spiele, bei denen Sie einander nachahmen und die Rollen tauschen, geben Ihrem Kind immer wieder Anlass, sowohl selbst Initiative zu ergreifen als auch auf Kommunikationsangebote zu reagieren. Spielen Sie lebensnahe Spiele, z. B. Abwaschen, Arztbesuch, Geburtstagsfeier, Einkaufen. Geschichten zum Vorlesen, Lieder und Reime bieten auch viel Gelegenheit zum Üben. Wenn Sie gemeinsam lesen oder singen, überlegen Sie sich im Voraus, welche Wörter Sie gebärden wollen.
Alle Alltagssituationen wie z. B. essen, Windeln wechseln, anziehen, Rucksack packen usw. eignen sich von Natur aus gut, um Gebärden zu benutzen und zu trainieren.
BRITT CLAESSON ist UK-Pädagogin am Zentrum für Kommunikationshilfsmittel (DART) des Königin-Silvia-Kinderkrankenhauses Göteborg/Schweden und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat für Gebärdenunterstützte Kommunikation des schwedischen Zentralamts für Sonderschulpädagogik (SPSM).
Sie hat im Rahmen ihrer Arbeit viele gute Beispiele dafür gesammelt, wie man ein gebärdendes Umfeld gestalten kann.